Das Eigenheim wird zunehmend als Teil der Altersvorsorge angesehen – die Idee ist grundsätzlich gut, einiges kann aber schiefgehen
Wohneigentum zu erwerben, ist seit eh und je ein Traum vieler Schweizerinnen und Schweizer. Derzeit sind es laut einer Umfrage von Swiss Life nicht weniger als drei Viertel der Mieter, die lieber ins Eigenheim ziehen wollen. Das Wohnen in den eigenen vier Wänden bringt einige Vorteile mit sich, vor allem ein Motiv gewinnt dabei immer mehr an Bedeutung, nämlich mietfrei zu wohnen, wenn man in Pension geht. Hinter dieser Überlegung stehen häufig die finanziellen Einbussen, die mit dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben verbunden sind. Nicht selten liegt das Einkommen aus erster und zweiter Säule 30 bis 40% unter dem, was man zuletzt verdient hat. Fällt kein Mietzins an, sind die Einbussen unter dem Strich kleiner oder entfallen sogar ganz, so die Kalkulation.
Länger im Eigenheim
Experten erwarten, dass dieser Weg künftig noch öfter angestrebt wird, denn erstens sind die Wohnkosten im Eigenheim derzeit im Vergleich zum Mieten tiefer. Trotz hohen Immobilienpreisen sorgen ultratiefe Hypothekarzinsen für eine niedrige Belastung, und so schnell rechnet niemand mit einem starken Anstieg der Finanzierungskosten.
Zweitens dürfen Herr und Frau Schweizer aufgrund der demografischen Entwicklung und der Niedrigzinsen in der Zukunft weniger Alterseinkommen erwarten. Drittens wohnen Senioren dank einer steigenden Lebenserwartung und Dienstleistern wie der Spitex immer länger in den eigenen vier Wänden. Vom mietfreien Wohnen können sie entsprechend noch länger profitieren, als es früher der Fall war.
Es stellt sich allerdings die Frage, ob die Rechnung auch aufgehen wird. Dies hängt von einer Vielzahl künftiger Entwicklungen ab. Von zentraler Bedeutung ist dabei, ob auch künftig das Wohnen im Eigenheim für die grosse Mehrheit der Liegenschaften spürbar günstiger sein wird als das Mieten eines vergleichbaren Objekts. Unter anderem hängt das von der Entwicklung der Immobilienpreise und der Mieten ab. Diese werden wiederum stark von den Zinsen, der Zu- oder Abnahme der Bevölkerung sowie vom Konjunkturgang beeinflusst. Hinzu kommt der Umstand, dass es nicht auf Durchschnittswerte, sondern stets auf die konkrete Situation ankommt. Und schliesslich spielen die eigenen Präferenzen und Emotionen eine wichtige Rolle, die sich nur schwer quantifizieren bzw. in finanziellen Werten ausdrücken lassen und die sich natürlich auch ändern können.
Da die Prognostizierbarkeit all dieser Faktoren nicht gegeben ist, sollte man eine Reihe von Aspekten beachten, damit das Ansinnen, sich hinsichtlich der eigenen Altersvorsorge besserzustellen, möglichst gute Chancen auf ein Gelingen hat. Die wichtigste Weiche wird mit dem Erwerb des Eigenheims gestellt. Wenn schon von Anfang an klar ist, dass der dritte Lebensabschnitt möglichst lange in diesem Objekt verbracht werden soll, sollte man bereits beim Kaufentscheid an jene Anforderungen denken, die im Pensionsalter zunehmend in den Vordergrund rücken.
Stichworte in diesem Zusammenhang sind beispielsweise ein guter Anschluss an den öffentlichen Verkehr und eine einfache Erreichbarkeit von Geschäften, Hausarzt und Apotheke. Ebenfalls denken sollte man an bauliche Voraussetzungen im Eigenheim. Hier steht ein barrierefreier Zugang zu allen Räumen (inklusive Keller, Waschraum usw.) im Vordergrund, möglichst auch mit dem Rollstuhl.
Rücklagen bilden
In vielen Fällen lautet der Plan dagegen, um den Zeitpunkt der Pensionierung herum umzuziehen, also das alte Eigenheim zu verkaufen und nochmals ein neues zu erwerben. Den einen wird das Haus zu gross, weil die Kinder inzwischen ausgezogen sind, die anderen wollen in die Stadt ziehen, weil dort das kulturelle Angebot grösser ist. Die Erfolgsaussichten für dieses Vorhabens steigen natürlich, wenn sich das erste Objekt dannzumal gut verkaufen lässt.
Es gilt also beim Kauf der ersten Immobilie nicht nur auf die eigenen Präferenzen zu achten, sondern auch auf die des «typischen» Käufers. Diese betreffen einerseits die Attraktivität der Lage, zu der unter anderem ein geringer Lärmpegel, eine gute Anbindung an den (öffentlichen) Verkehr oder nahe gelegene Einkaufsmöglichkeiten, Schulen und Kindergärten zählen. Andererseits sollte das Objekt selbst den Geschmack vieler Kaufinteressenten treffen (also nicht gerade eine allzu ausgefallene Architektur besitzen) und sich in einem tadellosen Zustand befinden.
Damit Letzteres gegeben ist, sollte der Unterhalt nicht vernachlässigt werden. Natürlich trägt ein solcher auch dazu bei, dass eine Liegenschaft nicht an Wert verliert. Oft wird der finanzielle Aufwand für grössere Reparaturen und Erneuerungen unterschätzt. Mindestens 1% des Immobilienwerts sollte dafür jährlich veranschlagt werden, bei älteren Objekten kann der Wert auch deutlich darüber liegen.
Bei Eigentumswohnungen ist zu bedenken, dass man den Zeitpunkt und den Umfang solcher Arbeiten nicht allein bestimmen kann, sondern nur mit den Miteigentümern. Um stets finanziell flexibel zu sein, sollte man zumindest einen Teil des Betrages zur Seite legen, den man gegenüber dem Wohnen in einem Mietobjekt spart.
Früh mit der Bank sprechen
Wer damit liebäugelt, eines Tages die Hypothek aufzustocken, um eine Sanierung durchzuführen oder weil der Kaufpreis des neuen Eigenheims höher sein könnte als der des alten, sollte früh zu rechnen beginnen. Die Anbieter wenden nämlich auch bei Senioren die sogenannte Tragbarkeitsregel an. Diese fordert, dass die Belastung aus Zinsen (gerechnet wird hier meist mit 5%), einer allfälligen Amortisation und Nebenkosten von je 1% maximal einen Drittel des Haushaltseinkommens ausmachen. Nicht jede Bank handhabt diese Regel gleich streng, es gibt aber auch Anbieter, die bei älteren Kunden sehr zurückhaltend sind mit der Vergabe oder Aufstockung von Hypotheken. Spätestens im Alter von 50 Jahren sollte man mit dem Hypothekargeber das Gespräch suchen, um den künftigen finanziellen Spielraum auszuloten. Sollte das Ergebnis unbefriedigend ausfallen, hat man in der Regel noch genug Zeit, um zu reagieren.
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