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Manfred Kunz

Lohnen sich Einkäufe in die Pensionskasse noch?

Angesichts sinkender Renten in der zweiten Säule ist die Erstellung eines Haushaltsbudgets für das Alter besonders wichtig


Viele Schweizer Pensionskassen haben in den vergangenen Jahren die Renten gekürzt. Die Umwandlungssätze sind zum Teil auf 5% oder darunter gefallen – bei einem Satz von 5% gibt es für ein in der beruflichen Vorsorge angespartes Vermögen von 500 000 Fr. bei der Pensionierung noch eine jährliche Rente von 25 000 Fr. Zudem ist eine Diskussion über die sogenannte Ersatzquote entbrannt. So heisst es in Artikel 113 der Bundesverfassung: «Die berufliche Vorsorge ermöglicht zusammen mit der Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung die Fortsetzung der gewohnten Lebenshaltung in angemessener Weise.» Dies wurde so interpretiert, dass die Renten aus der ersten und der zweiten Säule des Altersvorsorgesystems zusammen rund 60% des früheren Lohnes erreichen sollten.


Laut Finanzinstituten, die hier freilich nicht ganz uneigennützig argumentieren, wird es für vieleArbeitnehmer schwierig, dieses Ziel zu erreichen. PrivateVorsorge tut also not, und mit Einkäufen in die Pensionskasse lassen sich Lücken stopfen. Doch sind solche freiwilligen Einzahlungen in die Vorsorgeeinrichtungen angesichts der gesunkenen Umwandlungssätze überhaupt noch sinnvoll?


Steuerbegünstigung als Vorteil

Um dies zu beurteilen, rät Willy Graf, der Gründer der Vermögensverwaltungs- und Vorsorgeplanungsfirma VVK, zunächst einmal den finanziellen Bedarf nach der Pensionierung genau festzulegen. Für ein durchschnittliches Schweizer Ehepaar geht er beispielsweise von einem Haushaltsbudget in Höhe von 75 000 Fr. pro Jahr aus. Steht das benötigte Budget fest, wird klar, ob es zusätzliche Zahlungen in die Pensionskasse braucht. Der Vorteil von solchen Einkäufen ist, dass sie nicht nur das Vorsorgevermögen aufbessern, sondern dass sie auch steuerlich begünstigt sind. Die freiwilligen Zahlungen in die Pensionskasse kann man in der Steuererklärung vom steuerbaren Einkommen abziehen. Einkäufe in die Pensionskasse könnten durchaus sinnvoll sein, sagt Graf: «Wegen der Kürzungen bei den Leistungen der Pensionskassen ist die Deckung des Haushaltsbudgets für viele Menschen ein Riesenthema.»


Auch Daniel Hausherr von der Beratungsfirma ConsultInFinance sieht Einkäufe in die Pensionskasse weiterhin als sehr wichtiges Instrument bei der Planung der Altersvorsorge. Im derzeitigen Umfeld mit ultraniedrigen bis negativen Zinsen kommt dem steuerlichen Aspekt besondere Bedeutung zu. «Angesichts der aktuellen und absehbaren Entwicklung des Zinsumfelds und der Finanzmärkte ist die Steuereinsparung – zumindest gegenwärtig – der wichtigste Teil der Gesamtrendite eines Einkaufs», sagt Hausherr.


Traditionell interessieren sich für Einkäufe vor allem Versicherte, bei denen die Pensionierung langsam ins Blickfeld rückt. Für Personen unter fünfzig Jahren gelten freiwillige Einzahlungen in die Pensionskasse als weniger interessant, da der Renteneintritt noch weit entfernt ist. Ein Versicherter um die fünfzig Jahre habe derweil im Lebenszyklus die Vermögens-Akkumulierungs- Phase bereits zu einem gewissen Grad hinter sich und trete in die Konsolidierungsphase ein, bevor dann im Ruhestand der Konsum des Vermögens anstehe, sagt Hausherr. «Ein über Sechzigjähriger, der sich in die Pensionskasse einkaufen will, kann sogar recht genau in Erfahrung bringen, mit welchem Umwandlungssatz er in Rente gehen dürfte.» Er könne sich genau ausrechnen, ob die durch den Einkauf erreichten Steuereinsparungen mehr wert seien als die möglichen Senkungen bei der Rente, sagt der Finanzberater. Dabei sollte man auch die Steuerdifferenz der durch die Einkäufe höher gewordenen Rente nach der Pensionierung einrechnen.


Aus Sicht von Hausherr lohnen sich freiwillige Einzahlungen in die Pensionskasse vor allem für Personen in mittleren bis höheren Steuerklassen. «Gerade für Selbständige bieten Einkäufe in die Pensionskasse interessante Möglichkeiten bei der Altersvorsorge», sagt er. Diese könnten sich schliesslich selbst ihren Lohn auszahlen und dadurch ihr Einkaufspotenzial zu einem gewissen Grad erhöhen. Mögliche Einkaufsbeträge erwähnen viele Pensionskassen im Vorsorgeausweis, sonst kann man sich bei der Kasse darüber informieren. Bei Einkäufen ist indessen zu berücksichtigen, dass das Kapital danach gebunden ist, sich im Vorsorgekreislauf befindet und nur in Ausnahmefällen vor der Pensionierung bezogen werden kann.


Gezielte Planung ist sinnvoll

Wenn man einen Einkauf in die Pensionskasse erwäge, sollte man sich zunächst einmal darüber klarwerden, ob man bei der Pensionierung aus der beruflichen Vorsorge eine Rente, eine Kapitalzahlung oder einen Mix aus beidem beziehen wolle, sagt Hausherr. Dies sei nötig, um die Einkäufe gezielt zu planen. Habe man vor, die Rente zu wählen, seien freiwillige Einzahlungen bis zum Rentenbeginn möglich. Werde das Kapital bezogen, seien Einkäufe nur bis drei Jahre vor der Pensionierung steuerbegünstigt.


Zumeist ist es sinnvoll, die Einkäufe zu staffeln und die Steuerprogression bestmöglich zu brechen. Bei der Höhe der Einzahlung sollte auch berücksichtigt werden, ob man in einem Jahr mehr oder weniger verdient hat, ob allenfalls ein Bonus oder eine Verkaufsumsatzbeteiligung zum Lohn hinzukam. Auch andere Bereiche der persönlichen Finanzen wie etwa die Belastung mit Hypothekarschulden sollten bei der Planung berücksichtigt werden, sagt Hausherr. Zudem solle man darauf achten, dass man auch andere Steuersparmöglichkeiten bei der Altersvorsorge wie die Säule 3a ausschöpfe.


Rente kann auch zu hoch sein

Graf weist indessen darauf hin, dass zu hohe Einkäufe in die Pensionskasse auch negative Folgen haben können. Hat man im Alter eine zu hohe Rente und überschreitet diese das Haushaltsbudget massiv, so zahlt man auch hohe Steuern. Zudem ist es wichtig, vor einem Einkauf die finanzielle Situation der eigenen Pensionskasse unter die Lupe zu nehmen. So lohnt sich etwa ein Blick auf den technischen Deckungsgrad einer Pensionskasse. Steht diese schlecht da bzw. droht in naher Zukunft eine Sanierung der Vorsorgeeinrichtung, so ist von freiwilligen Einzahlungen abzuraten. Des Weiteren sollten Versicherte sich bewusst sein, dass Einkäufe in die Pensionskasse in der Regel dem überobligatorischen Guthaben in der beruflichen Vorsorge gutgeschrieben werden. Dieses ist im Allgemeinen deutlich geringer verzinst als das obligatorische.

 


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