Wer von einem Sabbatical träumt, sollte dringend bereits vorgängig Vorkehrungen gegen spürbare finanzielle Einbussen im Alter treffen
Auf jeden Sommer folgt ein Herbst. Die Tage werden kürzer, und die Temperaturen stehen rasch wieder näher am Gefrierpunkt als an der Dreissig-Grad- Marke. Wenn man derzeit wieder in der Morgenschwärze das Haus verlässt, nur um nach Sonnenuntergang wieder aus der Arbeit zu kommen, wächst bei manchem Arbeitnehmer der Wunsch, sich für einige Monate aus dem Erwerbsleben auszuklinken. Sabbaticals – längere Zeiten der Erwerbslosigkeit, während deren man etwa dieWelt bereist oder sein Opus magnum zu Papier bringt – sind beliebt. Statistische Daten dazu werden zwar in der Schweiz nicht erhoben. Daten der Suchmaschine Google zeigen aber, dass sich das relative Interesse der Schweizer an den Begriffen «Sabbatical» und «Auszeit» in den vergangenen zehn Jahren mehr als verdoppelt hat.
Besser wenig als gar nichts
Doch so verlockend die grosse Freiheit auf Zeit auch scheinen mag, so wichtig ist es, die Auswirkungen auf die persönlichen Finanzen genau zu prüfen, bevor man der Arbeitsstätte Adieu sagt. Dies gilt nicht nur für die laufenden Kosten wie Miete und Nahrung, sondern auch für die Altersvorsorge. Denn wer weniger oder nichts verdient, hat am Ende des Erwerbslebens auch entsprechend weniger auf den diversen Konten.
In der ersten Säule sind die Bedingungen für alle Versicherten gleich. Prinzipiell trägt man bei einer unbezahlten Auszeit auch nichts zur Sozialversicherung bei, da der Arbeitgeber keine Beiträge an AHV und IV abführt. Es ist daher gerade bei längeren Sabbaticals sehr wichtig, selbst zumindest den jährlichen Mindestbeitrag an die AHV zu entrichten, um einerseits den Schutz bei Invalidität aufrechtzuerhalten und andererseits keine empfindlichen Rentenkürzungen zu riskieren. Der Mindestbeitrag beträgt für Nichterwerbstätige derzeit 482 Fr. und steigt mit dem vorhandenen Vermögen an. Bei kürzeren Auszeiten hat man aber meist schon mit dem Einkommen des restlichen Jahres mehr als genügend eingezahlt. «Zu vermeiden gilt es aber unbedingt, ein Jahr lang gar keine AHV-Beiträge zu zahlen», sagt Jan Schüpbach, Vorsorgeexperte bei der Credit Suisse. Denn während sich eine Auszeit meist nur geringfügig negativ auf das durchschnittliche Einkommen während der Karriere auswirkt und deshalb die Rentenleistung reduzieren kann, führen fehlende Beitragsjahre zu einer Rentenkürzung von mindestens 2,3%. Beitragslücken in der AHV können unter bestimmten Umständen durch Nachzahlung geschlossen werden.Allerdings ist dies nur innerhalb von fünf Jahren möglich.
Der Kasse treu bleiben
Während die Regelungen bei der AHV schweizweit einheitlich sind, gibt es in der zweiten Säule zum Teil grosse Unterschiede. Welche Möglichkeiten man hat, bei einer Auszeit weiter versichert zu bleiben, hängt stark von der Pensionskasse des Arbeitgebers ab. Vor allem die Kassen grösserer Unternehmen böten hier tendenziell mehr Möglichkeiten, sagt Schüpbach. Wer sich nur unbezahlten Urlaub nimmt, also nach dem Sabbatical wieder zum alten Arbeitgeber zurückkehrt, kann sich bei manchen Kassen für eine bestimmte Zeit, etwa für sechs oder zwölf Monate, weiter versichern.
Damit bleibt neben dem Weiterlaufen der Altersvorsorge auch der Versicherungsschutz bei Invalidität und Tod aufrecht, der sonst 30 Tage nach der letzten Lohnzahlung ändert. Allerdings muss der Versicherte in dieser Zeit oft nicht nur den eigenen bisherigen Beitrag bezahlen, sondern zusätzlich den Arbeitgeberanteil schultern. Da auf der anderen Seite das Erwerbseinkommen fehlt, kann dies eine hohe finanzielle Belastung darstellen. Nicht nur deshalb empfiehlt es sich, schon vor Beginn des Sabbaticals mit der Pensionskasse in Kontakt zu treten und die einzelnen Varianten zu besprechen.
Wer sich von der alten Stelle verabschiedet, ohne später wieder zurückzukehren, kann meist nicht weiter bei der Pensionskasse des vormaligen Arbeitgebers versichert bleiben. Das Altersguthaben landet vorübergehend bei einer Freizügigkeitsstiftung oder allenfalls – wenn der Kontoinhaber keine Vorkehrungen trifft – bei der Stiftung Auffangeinrichtung. Auch in diesem Fall sind unterschiedliche Varianten der Weiterversicherung in der zweiten Säule möglich. Essenziell ist es aber ebenfalls, dies bereits vor Beginn derAuszeit zu fixieren.
Lukrative Aufteilung
Da die Rentenzahlungen aus AHV und beruflicher Vorsorge tendenziell nicht ausreichen, um im Alter den Lebensstandard zu halten, sparen viele Erwerbstätige auch in der Säule 3a für den Lebensabend. Attraktiv ist das vor allem, weil die Einzahlungen in Höhe von maximal 6826 Fr. (im Jahr 2019) von der Steuer abgesetzt werden können. Für Personen, die keiner Pensionskasse angeschlossen sind, etwa Selbständige, beträgt dieser Wert sogar bis zu 34 128 Fr. oder maximal 20% des Nettoeinkommens.
Steuerbegünstigte Einzahlungen in die Säule 3a sind aber nur in Jahren möglich, in denen ein AHV-pflichtiges Einkommen erzielt wurde.Wer sich also etwa eine zwölfmonatige Auszeit gönnen will, sollte diese allenfalls auf zwei Steuerjahre aufteilen, in denen er ein ausreichendes Einkommen erzielt, um in beiden Jahren Einzahlungen in die Säule 3a zu leisten. Ein solches «Sabbatical- Splitting» kann sich auch aus einem anderen Grund auszahlen: Je nach Höhe der Steuerprogression lassen sich Steuern sparen, wenn man in zwei Jahren mässig gut verdient, anstatt in einem Jahr sehr gut und im nächsten gar nichts.
Mehr Arbeit oder Risiko
Zeiten vorübergehender Erwerbslosigkeit, egal, ob es sich um Arbeitslosigkeit, Kindererziehung oder eben ein Sabbatical handelt, reissen schliesslich auch Löcher in die freie private Vorsorge. Das Nullzinsumfeld mag diese vorderhand
Der Mindestbeitrag an die AHV ist nötig für den Schutz bei Invalidität und das Vermeiden empfindlicher Rentenkürzungen.
weniger schlimm erscheinen lassen – immerhin könnte man auf das andernfalls erarbeitete Kapital nur geringe Renditen erzielen.Allerdings wirft auch das tatsächlich angelegte Geld nur geringe Erträge ab, wodurch man mehr ansparen muss, um etwa bei Rentenantritt über eine bestimmte Summe zu verfügen. Finanzielle Lücken durch längere Auszeiten können allenfalls durch Mehrarbeit in späteren Lebensphasen oder durch die Wahl renditeträchtigerer Investments abgefedert werden. Letzteres ist aber meist nur durch das Eingehen höherer Risiken am Kapitalmarkt möglich.
Ein längeres Sabbatical mag daher eine willkommene Abwechslung vom Arbeitsalltag sein, kann aber weitreichende Konsequenzen für die Altersvorsorge haben. Wer eine Auszeit plant, sollte frühzeitig Kontakt mit seiner Pensionskasse und anderen Stellen aufnehmen und die finanziellen Auswirkungen möglichst genau berechnen – damit auch im Herbst des Lebens die Sonne lacht.
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