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Manfred Kunz

Bundesrat entscheidet gegen Arbeitgeber: BVG-Zinssatz bleibt

Trotz schlechter Prognosen hält die Regierung am Mindestzinssatz von 1 Prozent fest. Sie will so das Vertrauen in die berufliche Vorsorge stärken – die Gewerkschaften freuts.


Die Guthaben im obligatorischen Teil der beruflichen Vorsorge werden auch 2020 zu mindestens 1 Prozent verzinst. Das hat der Bundesrat am Mittwoch beschlossen. Er folgte damit der Empfehlung der Eidgenössischen Kommission für berufliche Vorsorge.

In dem Gremium, in dem auch Versicherungen und Sozialpartner vertreten sind, hatte die Empfehlung für eine Kontroverse gesorgt. Die von der BVG-Kommission angewendete Formel ergab nämlich einen Wert von weniger als 1 Prozent. Trotzdem empfahl die Mehrheit, beim aktuellen Mindestzinssatz zu bleiben. Als Grund dafür gab die Kommission unter anderem an, damit das Vertrauen in die 2. Säule stärken zu wollen.


Entsprechend zufrieden zeigte sich der Gewerkschaftsbund in einer ersten Reaktion auf den Entscheid des Bundesrats. Die Pensionskassen hätten im Lauf dieses Jahres rekordhohe Renditen von durchschnittlich knapp 9 Prozent erwirtschaftet, schreibt er. Es sei deshalb positiv zu bewerten, dass der Bundesrat den Mindestzins nicht unter 1 Prozent senke, wie es Versicherungen und Arbeitgeber gefordert hätten.


Kommission und Arbeitgeber im Formelstreit

Der Arbeitgeberverband hatte sich über die Empfehlung der BVG-Kommission empört gezeigt. Diese missachte nicht nur das schwierige Umfeld der Vorsorgeeinrichtungen, sondern schlage auch die eigenen Regeln in den Wind, kritisierte er damals. Zwar herrsche ein Formelstreit. Alle in den letzten Jahren angewendeten Formeln zeigten für 2020 aber einen Mindestzins von 0,5 Prozent an. Diesen Satz empfahl der Arbeitgeberverband dem Bundesrat.


Der Mindestzinssatz bestimmt, zu wie viel Prozent das Vorsorgeguthaben im BVG-Obligatorium mindestens verzinst werden muss. Je tiefer der Satz, desto weniger wachsen die Guthaben der Versicherten.


Entscheidend für die Höhe des Mindestzinssatzes ist in erster Linie die Entwicklung der Rendite von Bundesobligationen, Aktien, Anleihen und Liegenschaften. Nach eigenen Angaben hatte die BVG-Kommission bei ihrer Empfehlung dieses Jahr auch die Tragbarkeit für die Vorsorgeeinrichtungen im Bezug auf die möglichen Finanzmarkterträge und andere Kriterien berücksichtigt.


Bundesrat hält Kurs

In seiner Mitteilung verweist der Bundesrat einerseits auf die tiefe Rendite der bundesobligationen. Der Zins für 10-jährige Bundesobligationen ist derzeit negativ. Andererseits berücksichtigte der Bundesrat die positive Performance von Aktien, Anleihen und Liegenschaften. Der Swiss Performance Index habe bis Ende September 2019 um 24,4 Prozent zugelegt, schreibt er.


Aufgrund der guten Entwicklung der Finanzmärkte bei gleichzeitig tiefer Mindestverzinsung sei eine Senkung des Mindestzinssatzes nicht gerechtfertigt. Die gegenwärtig tiefen Zinsen am Kapitalmarkt legten jedoch auch keine Erhöhung des Satzes nahe.

Der Bundesrat hatte den Mindestzinssatz in den vergangenen Jahren mehrmals angepasst. Von 1985 bis 2002 betrug der Satz 4 Prozent. Per 2012 wurde er auf 1,5 Prozent gesenkt. 2014 erhöhte der Bundesrat den Mindestzinssatz wieder auf 1,75 Prozent, 2015 senkte er ihn auf 1,25 Prozent. Seit 2017 beträgt der Satz 1 Prozent.


Feste Formel

Die Kontroverse dürfte jene Stimmen bestärken, die eine «Entpolitisierung» von Mindestumwandlungssatz und Mindestzinssatz fordern. Diese sollen nach einer festen Formel berechnet werden. Der Nationalrat hat bereits zwei Vorstösse mit dieser Forderung angenommen, der Ständerat sistierte diese aber, um der laufenden Reform der obligatorischen beruflichen Vorsorge nicht vorzugreifen.


Arbeitgeber und Gewerkschaften haben sich auf einen Kompromiss geeinigt, der einen tieferen Mindestumwandlungssatz, Verbesserungen für Teilzeitangestellte und Arbeitnehmende mit tiefen Einkommen sowie eine Kompensation für eine Übergangsgeneration verlangt. Die Vorschläge liegen nun beim Bundesrat. (lop/sda)



 


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